Die Landstraßen, die sich durch den dünn besiedelten Nordwesten Louisianas schlängeln, sind noch menschenleer, als Bobby Claiborne um halb fünf Morgens sein Haus auf dem Land verlässt und sich auf die halbstündige Fahrt zum Dialysezentrum von Fresenius Medical Care in der nahe gelegenen Kleinstadt Coushatta macht. Jeden Montag, Mittwoch und Freitag trifft er um kurz nach sechs in der Klinik ein. Immer mit im Gepäck sind ein Stapel Bücher und ein Laptop oder Tablet. Die Konzentration auf seine Bücher lässt die vierstündige Therapie schneller vergehen, erklärt der 57-Jährige, der seit September 2012 Dialysepatient ist.
Der Blick nach vorne – trotz Diagnose
Bluthochdruck, der zu Nierenversagen führte, zwang den gebürtigen Südstaatler in die Frührente und erforderte gewaltige Umstellungen seines Lebensstils. Doch Claiborne ließ sich von all dem nicht unterkriegen und entschied sich, im Fernstudium einen Doktortitel in Theologie zu erwerben – wie sich herausstellen sollte, in Rekordzeit und mit Bestnoten. Er hat sich auf die drastischen Veränderungen rechtzeitig vorbereitet: „Ich wusste, dass man für die Dialyse so fit wie möglich sein muss, und habe meinen Körper in Bestform gebracht. Vermutlich empfinde ich die Behandlung deshalb nicht als ganz so belastend wie viele andere Patienten."
Die Dialyse hat mich nicht davon abgehalten, meine Ziele weiter zu verfolgen. In der Dialyseklinik bin ich in den besten Händen und gebe mir Tag für Tag alle Mühe, so gesund wie möglich zu bleiben, um mein Leben zu genießen.
Bobby Claiborne
Dialysepatient
Ein Vorbild für andere Patienten
So viel Einsatz sieht auch Nikki Bryant, die das Dialysezentrum von Fresenius Medical Care in Coushatta leitet, selten. „Wir behandeln insgesamt 38 Patienten in zwei Schichten. Aber ich kenne niemanden, der derart motiviert seine Zeit hier optimal nutzt“, berichtet Bryant. „Bobby ist ein großes Vorbild.“ Für Patienten wie Claiborne stellt die Hämodialyse, ein Blutreinigungsverfahren, eine erhebliche Belastung dar, da sie ihre Lebensweise und Ernährungsgewohnheiten umstellen, drei Mal die Woche eine drei- bis sechsstündige Behandlung absolvieren und mehrere Medikamente einnehmen müssen. Gesunde Nieren reinigen das Blut bis zu 300 Mal am Tag. Doch wenn die Nieren versagen, können sich Flüssigkeit und Abfallstoffe in lebensbedrohlichen Konzentrationen im Körper ansammeln. Bei Dialysepatienten ersetzt deshalb eine Maschine die Funktion der Nieren und entfernt Stoffwechsel-Abfallprodukte, überschüssige Salze und Flüssigkeit aus dem Blutkreislauf.
Mehr als eine Dialyseklinik
Fresenius Medical Care behandelt in einem Netz aus Dialysezentren in mehr als 45 Ländern weltweit über 310.000 Patienten – rund zwei Drittel davon in den Vereinigten Staaten. Die Klinik in Coushatta wurde 2001 eröffnet und verfügt über 16 Behandlungsplätze. Einrichtungen wie diese Klinik bieten dabei nicht nur die regelmäßige Dialyse an, sondern dienen auch als zentrale Anlaufstelle für die Patienten. „Bei uns bekommen sie Ratschläge, wie sie sich gesund ernähren und aktiv bleiben können. Alles zielt darauf ab, ihre Lebensqualität zu verbessern“, erklärt Klinikleiterin Bryant.
Mit Ehrgeiz zum Doktortitel
„Aufgeben“ – das Wort kennt Bobby Claiborne nicht. „Man muss das Beste aus seiner Zeit machen, deswegen wollte ich nicht nur etwas tun, was mir selbst viel bedeutet, sondern zugleich den letzten Wunsch meiner verstorbenen Mutter erfüllen“, sagt Claiborne, der sein Studium 2015 aufnahm. Da er nicht nur bei der Dialysebehandlung, sondern auch zu Hause lernte, oft bis spät in die Nacht, hatte er die erforderlichen Leistungsnachweise schon nach kurzer Zeit beisammen und schloss sein Studium mit „summa cum laude“ ab. Für ihn etwas ganz Normales: „Ich war schon immer hundertprozentig bei der Sache, wenn eine Aufgabe vor mir lag.“
Entscheidend für den Entschluss, Theologie zu studieren, war sein Engagement als ehrenamtlicher Seelsorger für mehrere Baptistengemeinden, fast 20 Jahre lang, berichtet Claiborne. Für das Studium war nicht nur eiserne Disziplin notwendig, sondern auch profane Dinge, wie ein Beistelltisch für seinen Laptop und seine Bücher. Ohne den hätte Claiborne in der Dialyseklinik nicht arbeiten können. Das Behandlungsteam in Coushatta schaffte es schließlich, ein passendes Möbelstück für ihn ausfindig zu machen. Ohne die liebevolle Unterstützung seiner Frau Edna, so Claiborne, hätte er das alles nicht geschafft. Silvester 2013 haben sie geheiratet. „Sie ist selbst Krebspatientin und weiß, wie schwierig es ist, mit einer chronischen Krankheit zu leben. Nicht nur deshalb passen wir so gut zusammen.“ Weiteren Rückhalt bekommt Claiborne von seinen fünf erwachsenen Kindern und insgesamt neun Enkeln, die alle in seiner Nähe wohnen und ihn fast jede Woche besuchen. „Und dann ist da noch mein Vater“, ergänzt Claiborne, „der immer noch in Natchitoches lebt.“
Die Pläne von Rev. Dr. Claiborne
Der frischgebackene Doktor der Theologie hat schon das nächste Ziel vor Augen: Als passionierter Hobbykoch versucht er, seine Künste als Grillmeister zu perfektionieren. „Zu Weihnachten habe ich mir einen Elektrogrill geleistet, um richtig üben zu können“, verrät Claiborne und geht seine Wunschliste durch. „Aber mein wichtigstes Ziel ist, wieder eine neue Aufgabe zu haben. Ich glaube, dass ich sehr gut Menschen In Krisensituationen beraten könnte.“ Obendrein wartet der umtriebige Patient auf eine Spenderniere und hofft auf baldige gute Nachrichten. „Die Zukunft sieht vielversprechend aus“, sagt Claiborne mit dem Lächeln eines Mannes, der viel durchgemacht, aber bislang jede Hürde gemeistert hat. „Und ich habe vor, sie gemeinsam mit meiner Familie zu genießen.“