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Die Ambitionen der regenerativen Medizin.

AGM-2004-Stage

Welche Ambitionen hat die regenerative Medizin – und wie können regenerative Therapien in Zukunft nierenkranken Patienten helfen?

Diese Fragen beantworten Dr. Olaf Schermeier, Vorstandsmitglied für Forschung und Entwicklung bei Fresenius Medical Care, und Dr. Jeffrey Lawson, Vorstandsvorsitzender des Biotechnunternehmens Humacyte, Inc. 

Ob Alter, Krankheit oder Unfall: Wie wäre es, wenn man verletzte oder lädierte Körperteile einfach austauschen könnte? Eine neue Niere, ein funktionsfähiges Blutgefäß, eine gesunde Leber aus dem Labor? Eine schöne Vorstellung – doch noch längst nicht Realität. Währenddessen treiben Forscher auf der ganzen Welt die Entwicklungen der sogenannten Regenerationsmedizin voran.

„Derzeit werden chronische Erkrankungen vornehmlich mit Therapieansätzen behandelt, die versuchen, die Krankheit oder die Symptome einzudämmen“, erklärt Dr. Olaf Schermeier, der im Vorstand von Fresenius Medical Care den Bereich Forschung und Entwicklung verantwortet. Die Vision der regenerativen Medizin ist jedoch, die medizinischen Probleme nicht nur symptomatisch zu behandeln, sondern tatsächlich deren Ursache zu bekämpfen und zu heilen. „Die regenerative Medizin will die physiologischen Funktionen des Organs oder Körperteils dauerhaft wiederherstellen“, fasst Schermeier zusammen.

Wir wollen in der ersten Reihe stehen, wenn solche Technologien den Durchbruch erlangen.

Dr. Olaf Schermeier
Member of the Management Board of Fresenius Medical Care, responsible for Research and Development

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Strategische Investitionen: Ein Gewinn für beide Seiten

Um frühzeitig Trends in der Regenerationsmedizin aufzuspüren und zu bewerten, setzt Fresenius Medical Care auf eine Kombination aus internen Forschungsaktivitäten und externen Investitionen. Ein wichtiger Bestandteil der Strategie ist dabei die Kooperation mit innovativen Start-ups. 2016 wurde zu diesem Zweck Fresenius Medical Care Ventures gegründet, ein Venture-Capital- Fonds, dessen Investmentstrategie die regenerative Medizin als ein Schwerpunktthema festgelegt hat.

Von den strategischen Investments und Kooperationen profitieren beide Seiten: Die Start-ups bringen frische Ideen, agile Strukturen und innovative Technologien mit; Fresenius Medical Care bietet im Gegenzug Erfahrung in der Gesundheitsbranche, weltweite Kontakte und den Zugang zum Markt. „Wir wissen, wie man in den unterschiedlichen Gesundheitssystemen neue Produkte erfolgreich in den Markt bringen kann“, sagt Schermeier. „Außerdem haben wir viel Erfahrung damit, wie man einen Prototyp bis zur Serienreife entwickelt.“

Blutgefäße aus dem Bioreaktor

Ein Beispiel für eine vielversprechende strategische Kooperation ist die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Start-up Humacyte, Inc. Das Biotechunternehmen hat eine revolutionäre Technologie entwickelt: Es züchtet in einem Bioreaktor Blutgefäße aus gespendeten Muskelzellen.

Dr. Jeffrey Lawson, Vorstandsvorsitzender von Humacyte und Gefäßchirurg, beschreibt den Nutzen für Dialysepatienten: „Weil das azelluläre Blutgefäß keine menschlichen Zellen mehr enthält, kann es ohne abstoßende Reaktionen in den Patienten implantiert werden.“ Im Vergleich zu synthetischen Transplantationen seien weniger Komplikationen, Infektionen und operative Eingriffe zu erwarten. „Abhängig vom Ergebnis unserer Forschungsversuche könnten unsere Blutgefäße Hämodialyse-Patienten in Zukunft einen beständigeren und sichereren Gefäßzugang anbieten, außerdem eine kürzere Kontaktzeit des Katheters“, sagt Lawson.

Das azellulare Blutgefäß

2018 erwarb Fresenius Medical Care für 150 Millionen US-Dollar nicht nur eine 19-prozentige Beteiligung an Humacyte, sondern auch die weltweiten Exklusivrechte zur Vermarktung des Produkts „Humacyl“, des biotechnologisch hergestellten Blutgefäßes. „Wir waren sofort begeistert von der Technologie“, erklärt Schermeier den Hintergrund der Investition.

Das Ziel: die Weiterentwicklung und Marktreife der Erfindung. Derzeit befindet sich Humacyl in den USA, Europa und Israel in Phase-III-Zulassungsstudien; nach deren Abschluss soll die Zulassung in den USA und Europa beantragt werden. Die strategische Partnerschaft ist für beide Unternehmen ein Gewinn: „Fresenius Medical Care erhält von uns eine neue Technologie, um Dialysepatienten in Zukunft mithilfe eines besseren Gefäßzugangs zu behandeln“, sagt Lawson. „Wir bei Humacyte haben die Möglichkeit eines frühen und unmittelbaren Markteintritts.“

A smooth treatment is the difference that allows us to focus more on the patient.

Unsere Blutgefäße könnten Hämodialyse-Patienten in Zukunft einen beständigeren und sichereren Gefäßzugang anbieten.

Dr. Jeffrey Lawson
Vorstandsvorsitzender Humacyte, Inc.

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Fresenius Medical Care Ventures hält beständig Ausschau nach vielversprechenden Partnern und Investitionsmöglichkeiten. Und auch intern hat Fresenius Medical Care seine Forschungsaktivitäten im Bereich der regenerativen Medizin gebündelt. 2016 hat Fresenius Medical Care ein neues Tochterunternehmen, die Unicyte AG, vorgestellt, das aus einer langfristigen Zusammenarbeit mit der Universität Turin in Italien hervorgegangen war.

Die Idee: Richtungsweisende Forschungsergebnisse sollen nicht nur in wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht werden, sondern so bald wie möglich auch den Patienten nutzen. „Wir wollten einen Übergang schaffen von der akademischen Grundlagenforschung hin zu einer schnellen Entwicklung von echten Therapien“, sagt Schermeier.

Unicyte AG ist eine unabhängige Tochtergesellschaft von Fresenius Medical Care. DasBiotechunternehmen mit Sitz in der Schweiz ist im Bereich der  regenerativen Medizin tätig, mit Fokus auf Nieren- und Lebererkrankungen sowie Onkologie und Diabetes.

Die Regenerative Medizin

Heilen statt Reparieren – das ist das Motto der Regenerationsmedizin. Körperfunktionen, die durch Unfälle oder Erkrankungen verloren gegangen sind, sollen vollständig wiederhergestellt werden. Auch unser Alterungsprozess könnte so verlangsamt werden.

Zu den neuen Technologien zählen im Labor gezüchtete Biomaterialien, Tissue Engineering (Gewebekonstruktion), Stammzell- oder Gentherapien. Das Ziel der Ansätze ist stets das gleiche: möglichst den gesunden und funktionalen Originalzustand eines betroffenen Gewebes dauerhaft wiederherzustellen.

Eine Evolution in kleinen Schritten

Die ersten Forschungsergebnisse der Unicyte AG sind aussichtsreich: In einem präklinischen Modell mit Mäusen, die an einer schnell fortschreitenden Nierenerkrankung leiden, konnte ihre Nierenfunktion beinahe vollständig wiederhergestellt werden. Aus Stammzellen abgeleitete Partikel, sogenannte nano-extrazelluläre Vesikel, verhinderten die Vernarbung des Nierengewebes der Mäuse. Bei einem anderen Projekt wurden Insulin produzierende Inselzellen im Labor gezüchtet. „Wir sehen darin ein vielversprechendes Feld, um in Zukunft Diabetes behandeln zu können“, so Schermeier.

Wie nah oder fern ist sie also – die Vision der regenerativen Medizin? „In 20 Jahren könnte es bereits Therapiemöglichkeiten geben, mit denen man die Nierenfunktion unserer Patienten vollständig wiederherstellen kann“, sagt Schermeier. Eine schlagartige Revolution hält er aber für unwahrscheinlich. „Es wird eine Evolution in vielen kleinen Schritten sein, die das Leben unserer Patienten nachhaltig verbessert und hoffentlich auch verlängert.“

Zu den neuen Technologien zählen im Labor gezüchtete Biomaterialien, Tissue Engineering (Gewebekonstruktion), Stammzellen- oder Gentherapie.

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